11. April 2014
Wer muss zahlen: Privater Krankenversicherer oder gesetzliche Unfallversicherung
Nicht selten ist unklar, ob für die Kosten einer Heilbehandlung der private Krankenversicherer oder die gesetzliche Unfallversicherung aufkommen muss. In den Versicherungsbedingungen der privaten Krankheitskostenversicherung ist geregelt, dass im Falle der Eintrittspflicht einer gesetzlichen Unfallversicherung diese vorrangig haftet und die private Krankenversicherung leistungsfrei ist, sog. Subsidiaritätsklausel. Mitunter lässt sich aber nicht ohne weiteres und vor allem nicht kurzfristig feststellen, ob der gesetzliche Unfallversicherer eintrittspflichtig ist. So etwa wenn der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zunächst den Standpunkt vertritt, es läge gar kein versichertes Ereignis „Arbeitsunfall“ vor. Der betroffene Versicherte muss dann ggf. zunächst den Unfallversicherungsträger auf dem Sozialgerichtsweg verklagen und die anfallenden Kosten der häufig unaufschiebbar notwendigen Heilbehandlungsmaßnahmen erst einmal selber tragen. Besteht daneben noch eine private Krankenversicherung erstattet diese ihm zunächst die Heilbehandlungskosten. Wenn im Zuge des Rechtsstreits der Unfallversicherungsträger später verurteilt wird, etwa den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen und entsprechend Versicherungsschutz zu gewähren, stellt sich die Frage, wie mit den bis dahin von einer privaten Krankenversicherung quasi für den Unfallversicherer verauslagten Behandlungskosten zu verfahren ist. Kann der private Krankenversicherer nun die von ihm bis dahin an den Versicherungsnehmer erstatteten Behandlungskosten, die eigentlich der Unfallversicherer hätte tragen müssen von diesem zurückverlangen? In der früheren Praxis hat der betroffene Versicherungsnehmer seine möglichen Ansprüche gegen den Träger der Unfallversicherung an den privaten Krankenversicherer abgetreten. Der private Krankenversicherer hat dann den Ausgang des Rechtsstreits zwischen seinem Versicherungsnehmer und dem Sozialversicherungsträger abwarten können und anschließend, also im Falle einer Verurteilung des Unfallversicherungsträgers unter Vorlage dieser Abtretungserklärung seine Erstattungsleistungen vom zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung „regressiert“, soweit diese in der gesetzlichen Unfallversicherung gedeckt gewesen wären. Diese Praxis fand ein abruptes Ende, nachdem das Landgericht München I durch Urteil vom 13.8.2008 (Az.: 10 O 10652/07) eine solche „Regressklage“ eines privaten Krankenversicherers gegen eine gesetzliche Unfallversicherung als unbegründet abgewiesen hat (VersR 2009, 625). Obwohl schon das Ergebnis überraschen müsste (immerhin ist der Sozialversicherungsträger nach häufig jahrelangem Rechtsstreit zur Kostentragung verurteilt worden, gleichwohl soll nach Überzeugung des Landgerichts München I der private Krankenversicherer auf den Kosten, die vom gesetzlichen Unfallversicherer zu tragen wären, „sitzen bleiben“) und obwohl das Urteil des Landgerichts München I erhebliche rechtliche Schwächen, ja auch Fehler aufwies hat das OLG München die dagegen eingelegte Berufung ohne mündliche Verhandlung und mit einer sehr kurz gehaltenen Begründung durch sog. „Beschlussverwerfung“ (§ 522 Abs. 2 ZPO) als unbegründet zurückgewiesen (OLG München, Beschluss vom 18.5.2009, Az.: 8 U 4628/08, soweit ersichtlich nicht veröffentlicht). Das OLG München hat namentlich einen Anspruch des privaten Krankenversicherers unter dem Gesichtspunkt der sog. ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) verneint. Dem Krankenversicherer sei es verwehrt, für die von ihm getragenen Kosten eine sog. „nachträgliche Tilgungsbestimmung“ zu setzen, welche dazu führen würde, daß die an den Versicherungsnehmer geleisteten Zahlungen des privaten Krankenversicherers rechtlich wie Leistungen anstelle des Unfallversicherers zu behandeln wären und deshalb von diesem zurückverlangt werden könnten. Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine Verurteilung des gesetzlichen Unfallversicherungsträgers nach oft jahrelangem Rechtsstreit mit dem Versicherten für den unterlegenen Unfallversicherungsträger folgenlos geblieben ist, sofern eine private Krankenversicherung bestanden hat. Die bis zur Verurteilung angefallenen Behandlungskosten sind vom Krankenversicherer erstattet worden. Eine Rückforderung vom Unfallversicherungsträger war nicht möglich aufgrund der Rechtsprechung des Landgerichts München I, auf die sich die Unfallversicherungsträger verständlicherweise berufen haben um Ansprüche privater Krankenversicherer abzuwehren. Ein rechtliches Paradoxon? Nun hat das der für die gesetzliche Unfallversicherung zuständige Zweite Senat des Bundessozialgerichts (für Regressklagen privater Krankenversicherer gegen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind eigentlich die Sozialgerichte zuständig, was zuvor sowohl Landgericht München I als auch OLG München übersehen haben) diese verfehlte Rechtsprechung korrigiert (Az.: B 2 U 21/12). Das Bundessozialgericht hat im Rahmen einer sog. „Sprungrevision“ unter Aufhebung eines Urteils des Sozialgerichts Köln der Klage eines privaten Krankenversicherers gegen den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung auf Erstattung der vom Krankenversicherer getragenen Kosten grundsätzlich stattgegeben. Es hat dabei die vom Landgericht München I und OLG München abgelehnte Konstruktion einer sog. „nachträglichen Tilgungsbestimmung“ ausdrücklich für zulässig erklärt. Anspruchsgrundlage für die Regressklage des privaten Krankenversicherers ist danach der sog. „öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch“, also das öffentlich-rechtliche Gegenstück zur o. erwähnten, aus dem Zivilrecht stammenden „ungerechtfertigten Bereicherung“. Die vollständig begründete Entscheidung ist bislang noch nicht veröffentlicht worden. Urteil des Landgerichts München I v. 13.8.2008, 10 O 10652/07: Urteil des Sozialgerichts Köln v. 08.06.2012, S 18 U 319/11: Terminsbericht des Bundessozialgerichts im Verfahren B 2 U 21/12 vom 03.04.2014 (vollständig begründetetes Urteil bislang noch nicht erhältlich):
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