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21. März 2015

„Branchenbuchabzocke“ und kein Ende

Rechtsanwaltskosten zur Abwehr lästiger „Branchenbuchabzocker“ können ersetzt verlangt werden

Seit vielen Jahren bekannt ist das unredliche Geschäftsmodell der sog. „Branchenbuchabzocke“: Zwielichtige Internet-Dienstleister versenden massenhaft als Korrekturabzüge getarnte Aufträge für völlig bedeutungslose und deshalb wertlose Internet-Branchenverzeichnisse. Dabei wird der Empfänger des Schreibens vordergründig aufgefordert, seine in dem Schreiben enthaltenen Kommunikationsdaten zu überprüfen bzw. zu korrigieren/ergänzen. Im „Kleingedruckten“ und deshalb häufig unbemerkt ist dagegen eine vorformulierte Auftragserteilung „versteckt“, die durch Unterschrift des Empfängers und Rücksendung des vermeintlichen Korrekturbogens rechtsverbindlich wird. Getarnte Auftragsschreiben dieser Art gehen stets nur an Selbstständige, Freiberufler, Gewerbetreibende usw. – rechtlicher Hintergrund ist, dass dieser Adressatenkreis kein allgemeines Widerrufsrecht hat im Unterschied zu Privatleuten (Verbraucher).

Am 26.07.2012 hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil (Gz.: VII ZR 262/11) klargestellt, dass diese Art von Auftragserteilung unwirksam ist. Wenn der Absender solcher „getarnter“ Auftragsschreiben dem Empfänger verschleiert, dass er mit der Unterschrift und Rücksendung eine rechtsverbindliche Auftragserteilung erklärt, so der BGH, wird die Auftragserteilung nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, konkret: § 305 c Abs. 1 BGB, nicht Vertragsbestandteil.

Wer gedacht hätte, mit diesem Urteil würde das Phänomen der „Branchenbuchabzocke“ verschwinden sieht sich getäuscht. Unverändert, wenn auch vielleicht nicht in so gro-ßer Zahl wie ehedem, versuchen unseriöse Firmen ihr Glück bzw. Geschäft zu machen mit der Unaufmerksamkeit der Menschen in der Hektik des freiberuflichen Alltags.

Wer Opfer solcher Geschäftspraktiken wird, sollte keinesfalls freiwillig Zahlungen leisten. Schon bisher, also vor der Entscheidung des BGH vom 26.07.2012, haben sich „Branchenbuchabzocker“ in den seltensten Fällen getraut, ihre „Ansprüche“ gerichtlich geltend zu machen.

Da die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen in Fällen getarnter Auftrags-schreiben seit der o.g. Entscheidung des BGH auch rechtlich aussichtslos ist, bestehen neuerdings gute Möglichkeiten, Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die unberechtigte Inanspruchnahme durch „Branchenbuchabzocker“ abzuwehren, erstattet verlangt werden können, also beispielsweise die Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes.

Deshalb sollte man als Opfer solcher Geschäftspraktiken ggf. nicht nur unter Hinweis auf die o.g. Entscheidung des BGH jede Zahlung ablehnen, sondern überlegen, ob man nicht zum „Gegenangriff“ übergeht, einen Rechtsanwalt mit der Abwehr von Vergütungsansprüchen beauftragt und gleichzeitig die dadurch entstandenen Rechtsanwaltskosten ersetzt verlangt und ggf. einklagt.

In einem durch unser Büro vertretenen Fall ist unserem Mandanten auf unseren entsprechenden Hinweis auf die o.g. Entscheidung des BGH hin zunächst eine „Kulanzkündigung“ angeboten worden gegen Zahlung einer „Stornogebühr“ von 210,- EUR zzgl. MwSt. (bei einem ursprünglichen Gesamthonoraranspruch i.H.v. sage und schreibe rd. 2400,- EUR zzgl. MwSt.).

Im Anschluss an die nachfolgende Übersendung eines vollständigen Klageentwurfs durch uns wurde die Rechnung vollständig storniert unter Bestätigung der Vertragsauflösung (mit der „Begründung“, man sei nicht an unzufriedenen Kunden interessiert bzw. nicht daran interessiert, Kunden zu verklagen). Die Erstattung der bis dahin angefallenen Anwaltskosten wurde (noch) abgelehnt.

Nach anschließender ankündigungsgemäßer Klageerhebung erfolgte die sofortige und vollständige Zahlung der durch unsere Einschaltung entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten – natürlich „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht“, wie durch zeitgleiches Anwaltsschreiben zu verlautbaren nicht versäumt wurde...

Nachfolgend wurden dem betroffenen „Branchenbuchabzocker“ noch die Kosten des (kurzen) Gerichtsverfahrens vor dem Amtsgericht Rosenheim (Gz.: 7 C 444/15) durch entsprechende Beschlussfassung auferlegt.

Eigentlich wäre hier der Gesetzgeber aufgerufen, für klare rechtliche Verhältnisse zu sorgen. Die Geschäfte sog. „Branchenbuchabzocker“ sind unter geltendem Recht vielleicht nicht  strafbar, wären aber sicherlich strafwürdig. Überlegenswert wäre es deshalb womöglich auch,  einen entsprechenden Ordnungswidrigkeitentatbestand zu schaffen, beispielsweise im Rahmen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

 

 

Rechtsanwälte Honsell Niemöller
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